22. Oktober 2021
Umweltmagazin BD.51 (2021) Nr. 09-10
Ein niedersächsischer Windkraftanlagenbauer lieferte 2020 erstmals Fundamentpfähle (Monopiles) für Offshore-Windräder nach Taiwan. Sie sind bis zu 95 m lang und bis zu 1 750 t schwer Der Auftrag verlief erfolgreich. Das Unternehmen erhofft sich jetzt weitere Aufträge aus Asien.
Die Stromerzeugung auf See mit Offshore-Windkraftwerken stellt für die Umsetzung der weltweiten Energiewendeziele eine große Chance dar und ist gleichzeitig eine Herausforderung.
Nachdem die Pioniere vor etwa 20 Jahren die ersten derartigen Kraftwerke mit Generatoren von 0,5 bis 1 MW aufbauten, waren im Jahr 2010 bereits 3 bis 4 MW Leistung pro Generator Standard.
Heute werden Generatoren von durchschnittlich 8 bis 10 MW Leistung eingesetzt. Die größere Leistungsfähigkeit der Generatoren einerseits und die Lage der Kraftwerke in immer größeren Wassertiefen oder in schwierigen Bodenverhältnissen andererseits erfordern zunehmend größere Fundamente.
Aus den verschiedenen technischen Möglichkeiten haben sich in den letzten Jahren zwei Typen von Fundamenten als zukunftsfähig und wirtschaftlich interessant erwiesen: der Monopile für Wassertiefen bis zu 65 m und das Jacket für Wassertiefen ab 60 bis 80 m. Bei den Jackets handelt es sich um Stahlkonstruktion aus drei bis vier senkrechten Rohren, die mit Querverstrebungen untereinander verbunden sind.
Insbesondere in den letzten zehn Jahren wurde der Monopile, der bis dahin auf Wassertiefen von bis zu 25 m beschränkt war, über Mega-Monopile („XXL-Pile“) zum zukünftigen schlanken Mega-Monopile („beyond XXL“) weiterentwickelt.
Das Fundament-System besteht dabei meist aus dem im Boden verankerten Pfahl, dem Monopile (MP) und dem darauf aufgesetzten Übergangsstück, dem „Transition Piece“ (TP), das den Einbau zahlreicher elektrischer Systeme und den Kabelanschluss ermöglicht.
In Taiwan wird seit 2011 ähnlich wie in Deutschland eine Energiewende mit der Verminderung der Stromerzeugung mittels Nuklearkraftwerken und gleichzeitigem Ausbau der Stromerzeugung mit erneuerbarer Energie umgesetzt. Das 2016 festgelegte Ziel von 27,5 GW Stromerzeugungskapazität mit erneuerbarer Energie in 2025, wovon 3 GW von Offshore-Windkraftwerken (OWKW) stammen, wurde inzwischen für die OWKW-Kapazität auf mehr als 10 GW in 2030 angehoben.
Eines der ersten taiwanesischen OWKW, für das eine Bauzulassung 2019 erteilt wurde, ist das OWKW Yunlin des Projektierers wpd offshore aus Bremen.
Das OWKW befindet sich 4 km vor der Westküste Taiwans unmittelbar vor der Küste der Provinz Yunlin. Es wurde für eine Kapazität von 640 MW geplant, die von 80 Generatoren auf Monopile-Fundament-Systemen erzeugt werden wird derzeit installiert. Der Fundamenthersteller Steelwind Nordenham aus Niedersachsen lieferte die Monopiles.
Voraussetzung für den Bau der OWKW in Taiwan war 2019, dass mindestens die Hälfte der Bauteile in Taiwan endgefertigt werden mussten, was angesichts der wenigen leistungsfähigen Fertiger vor Ort eine große Herausforderung darstellte.
Seit 2020 müssen sogar alle Bauteile auf der Insel endgefertigt werden. Somit war früh klar, dass die Möglichkeit einer Lieferung von Monopiles nach Taiwan ohne lokalen Partner aussichtslos ist. Bereits Ende 2017 hat Steelwind daher vor Ort erste Kontakte gesucht und Kooperationsmöglichkeiten geprüft.
Aufgrund der hohen Anforderungen an die Produktqualität und die Produktdokumentation war von Beginn an klar, dass ein potenzieller Partner kein Newcomer in der Fertigung großer, runder Stahlbauteile sein konnte, sondern möglichst schon Erfahrungen in ähnlich schwierigen Fertigungsbereichen mitbringen musste.
Zudem musste beim Aufbruch in einen neuen Kulturkreis beachtet werden, dass kulturelle Management-Spezifika zu berücksichtigen sind. In Taiwan sind diesbezüglich sicherlich zu nennen: Achtung von Autorität, Respekt, sowie Vertrauen und Harmonie der Zusammenarbeit, die einen erheblichen Einfluss auf die Kooperationsbereitschaft und Kooperationsfähigkeit ausmachen [1].
Neben den technischen Fähigkeiten des Partners war eine häufige Präsenz vor Ort im Vorfeld des potenziellen Auftrages sehr hilfreich, um sich persönlich gut kennenzulernen und dabei auch die Entscheidungsstrukturen des Partners zu identifizieren.
Erleichternd ist in Taiwan, dass man als deutsches Unternehmen erfreulicherweise einen großen Vertrauensvorschuss hinsichtlich Fertigungstechnik und Qualität genießt. Hinzu kommt, dass das taiwanesische Vertragsrecht dem deutschen Vertragsrecht sehr ähnlich ist, sodass die Vertragsverhandlungen in dieser Hinsicht erleichtert sind.
Im Frühsommer 2019 konnten nach langen Verhandlungen die Lieferverträge mit den beiden taiwanesischen Auftraggebern – Yunneng Wind Power Co. für die Lieferung 40 komplett fertiger Monopiles und Formosa Heavy Industries Co. für die Lieferung von 120 Teilstücken zum Zusammenbau zu Monopiles in Taiwan – abgeschlossen werden. Am 24. Oktober 2019 starteten die ersten Bauteile per Schiff von Nordenham in Richtung der Hafenstadt Mailiao auf Taiwan. Die Seereise dauerte zwischen 32 und 37 Tagen.
Der sehr weiche Untergrund an der Westküste von Taiwan, an der die Mehrzahl der OWKW-Bauzonen liegen, führte meist zu einem Design mit sehr großen Einbindelängen. Diese hat bis zu 60 m betragen, um die Standsicherheit der einzelnen Anlagen im weichen Boden sicherzustellen.
Bei Wassertiefen zwischen 8,5 und 38 m waren Monopile-Längen zwischen 68 und 95 m erforderlich. Aus den übrigen Randbedingungen wie einer 8 MW Turbine von Siemens, Erdbeben-Gefährdung, Wellengang des Pazifiks, Taifun- Gefährdung und langen Schiffstransportzeiten ergaben sich weitere höchste Anforderungen an die Monopiles. Sie haben somit einen Durchmesser von 8 m und Wanddicken bis zu 105 mm. Daraus ergeben sich Gewichte der einzelnen Monopiles zwischen 1 100 und 1 750 t pro Stück.
Insgesamt lieferte Dillinger aus Saarlouis, die Muttergesellschaft von Steelwind Nordenham, 3 698 schwere Stahlbleche. Steelwind verschweißte jeweils zwei davon dann zu Ringen, den so genannten Mantelschüssen, diese dann zu den Teilstücken und letztlich zu Monopiles. Das Gesamtgewicht der Bleche betrug 107 000 t für die 80 Monopiles. Die Rotorblätter lieferte das Unternehmen Siemens.
Die letzten Monopiles wurde wie geplant Anfang Juli 2020 ab Nordenham Richtung Taiwan verschifft. Die Sektionen für die 40 in Taiwan zusammenzubauenden Monopiles wurden ebenso rechtzeitig geliefert. In Taiwan wurden von unserem Partner und Kunden erhebliche Investitionen getätigt, um die qualitativ hochwertigen Lieferungen „in time“ sicherzustellen. Auch das Verladen und der Transport der immens großen und schweren Bauteile Richtung Taiwan hatte eine schnelle Lernkurve und hat letztendlich sehr gut funktioniert. Der gegenseitige Austausch unter den Kollegen aus Deutschland und Taiwan, inklusive Training in Nordenham, war sicherlich auch ein Baustein des gemeinsamen Erfolges.
Für Steelwind hat sich der hohe Aufwand in der Vorbereitungszeit ausgezahlt, denn es gab keinerlei Schwierigkeiten während der Auftragsabwicklung und am Ende waren Lieferanten und Kunden zufrieden mit dem Ergebnis. Steelwind würden den Erfolg gerne wiederholen. Seit der ersten Stunde steht Steelwind für qualitative Exzellenz, Service und technische Innovation bei der Fertigung und Entwicklung immer größerer Monopile-Fundament-Systeme aus Stahl. Die Monopiles sind bis zu 2 400 t schwer, bis zu 120 m lang und haben Durchmesser von bis zu 10 m. Die Hightech-Bleche kommen von der Mutter Dillinger aus dem Saarland.
Diesen Weg wird Steelwind auch in Zukunft konsequent und kontinuierlich fortsetzen und ausbauen.
L i t e r a t u r
[1] Josef Wieland, Tugenden in der chinesi- schen Kultur: Die Governance interkulturel- len Managements, KleM Working Paper 21/2006, Konstanz Institut für Wertemana- gement 2006, Hochschule Konstanz.
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