08. März 2022
Heute ist der internationale Frauentag! Bereits seit über einem Jahrhundert dient dieser Tag weltweit dazu, auf Frauenrechte und Gleichstellung der Geschlechter aufmerksam zu machen. Der Tag soll die bisherigen Errungenschaften der Frauenrechtsbewegung aufzeigen und gleichzeitig die Aufmerksamkeit auf bestehende Ungleichheiten richten.
Wir möchten den Tag nutzen, um Ihnen eine Kollegin vorzustellen, die vielen Vorurteilen trotzt: Dr. Heike Busch hat Karriere im MINT-Bereich UND der Stahlindustrie gemacht. Sie ist Leiterin der Digitalisierung bei der SHS – Stahl-Holding-Saar, sowie Betriebsleiterin der Abteilung „Technische Logistik“ (Produktionslogistik) bei Dillinger.
In unserem Interview erzählt sie unter anderem, wie sie zu ihrem Beruf gekommen ist, was sie an ihrer Tätigkeit besonders mag und was sie anderen Frauen rät, die im MINT-Bereich Karriere machen wollen:
Was sind Ihre Gedanken zum Weltfrauentag?
„Jedes Jahr denke ich am Weltfrauentag an meine Tante. Die sagt immer: „Wenn wir Gleichberechtigung hätten, dann bräuchten wir Dinge wie den „Weltfrauentag“ nicht.“ Gleichberechtigung sollte einfach normal sein. Man sollte nicht so viel darüber reden müssen. Ich weiß zum Beispiel nicht, ob es einen „Weltmännertag“ gibt. Eigentlich sollten wir solch eine Erinnerung in einer idealen Welt nicht brauchen. Bis wir diese Welt erreicht haben, ist es aber gut und wichtig, dass es diesen Tag gibt.“
Wie war Ihr beruflicher Werdegang?
„Ich habe Technomathematik an der Technischen Universität Clausthal studiert und meine Diplomarbeit bereits in Zusammenarbeit mit Dillinger geschrieben. Seit 2001 bin ich bei Dillinger angestellt. Begonnen habe ich damals in der Abteilung Produktionsplanung und Qualitätssteuerung, in der ich auch meine Doktorarbeit geschrieben habe. Danach war ich von 2005 bis 2010 Betriebsleiterin Produktionssteuerung Walzwerke und stellvertretende Leiterin der Produktionsplanung. Darauf folgten 4 Jahre als Betriebsleiterin Walzbetrieb Grobblechwalzwerk und seit 2014 bin ich Betriebsleiterin der Abteilung „Technische Logisitk“ bei Dillinger. Außerdem habe ich von 2016 bis letztes Jahr die Informatik bei Dillinger geleitet. Seit letztem Jahr habe ich die Leitung der Digitalisierung bei der Stahl-Holding-Saar übernommen.“
Frauen sind in MINT-Bereichen und Führungspositionen leider immer noch in der Unterzahl – Sie vereinen in Ihrer Position als Leiterin Digitalisierung beides. Was gefällt Ihnen daran besonders?
„MINT-Fächer sind sehr abwechslungsreich und spannend. Speziell als Mathematiker hat man über die Mathematik praktisch Zugang zu allen Naturwissenschaften und Ingenieursdisziplinen, da die Mathematik eine Grundlage all dieser Fakultäten bildet. Ich habe Technomathematik studiert - eine Kombination aus angewandter Mathematik, Ingenieurswissenschaften und Informatik. Das ist besonders reizvoll, da man hier die unterschiedlichen Aspekte und Herangehensweisen verstehen und zusammenbringen muss. Es ist also interdisziplinäres Denken erforderlich und damit auch das, was man heute dringend in allen Bereichen braucht: Interdisziplinäre Zusammenarbeit. Es ist toll, wenn man gemeinsam mit den Produktionsbetrieben, den Verwaltungsbereichen - wie z.B. dem Finanzbereich und der IT - Probleme lösen und dadurch Prozesse verbessern kann. Über die Führungsrolle wird es mir ermöglicht, andere dabei mitzunehmen und ebenfalls dafür zu begeistern. Auch möchte ich in meiner Rolle als Leiterin der Digitalen Transformation das Unternehmen weiterentwickeln, Sinn stiften und zum Erfolg beitragen. Dazu versuche ich bestmöglich alle einzubeziehen. Das ist eine wichtige Führungsaufgabe.“
Bringt Ihr Beruf auch besondere Herausforderungen mit sich und wie gehen Sie damit um?
„In der Digitalisierung und auch in der Produktionslogistik kann man die Kombination aus MINT und Führungsprinzipien auf ideale Weise vereinen. Zum Beispiel ist es für strategische Entscheidungen wichtig, sich von Details zu lösen und in Strukturen und Konzepten zu Denken. Genau das ist Teil der mathematischen Ausbildung. Das ist eine spannende Herausforderung, erfordert aber auch viel Energie. Zudem arbeiten wir ständig an neuen Methoden und Systemen. Um diese gewinnbringend im Unternehmen einsetzen zu können, muss man alle Beteiligten mitnehmen: Alle, die mit den neuen – meist digitalen – Werkzeugen arbeiten oder neue Prozesse übernehmen sollen, müssen entsprechend eingebunden werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abzuholen erfordert Empathie und Geduld. Diese Geduld ist für viele „MINT-Menschen“ tatsächlich auch eine kleine Herausforderung.“
Mussten Sie auf Ihrem beruflichen Weg bisher, nach Ihrer Einschätzung, gegen mehr Widerstände angehen als Ihre männlichen Kollegen? Wenn ja, inwiefern?
„Wenn man im MINT-Bereich studiert, ist man als Frau leider schon an der Uni in der Minderheit. Das setzt sich im Berufsleben fort, so dass man sich daran gewöhnt. Ich hatte bisher weder an der Uni noch im beruflichen Umfeld Probleme und erst recht keine Widerstände. Jedenfalls nicht mehr, als es männliche Kollegen auch haben. Eventuell sogar weniger, da man oft nicht als „Konkurrenz“ empfunden wird: Man ist ja „eine nette Kollegin“, die wahrscheinlich deutlich weniger Ambitionen auf eine Karriere hat. Das hat Vor- und Nachteile. Die Stahlindustrie gilt leider immer noch als „Männerdomäne“. Deshalb sollte man sich als Frau aber keinesfalls zurücknehmen, denn die Arbeit hier kann sehr viel Spaß machen. Ich habe es nie bereut, diesen Weg eingeschlagen zu haben, da es auch sehr viel positive Resonanz gibt.“
Wo sehen Sie Verbesserungspotenzial für Frauen in der Berufswelt?
„Ich denke, dass Frauen alle Potentiale und Möglichkeiten besitzen, die auch Männer haben. Sie müssen nur überzeugt davon sein und sich nehmen, was sie möchten. Auch die Probleme, die sich früher bei Frauen durch die Kinderbetreuung ergaben, sollten heute weitestgehend minimiert sein. Hier hat sich in der letzten Zeit viel verändert. Beispielsweise arbeiten in der Stahlindustrie auch Frauen im Schichtbetrieb in der Produktion: Ich selbst hatte in meiner Zeit als Betriebsleiterin des Walzbetriebs Mitarbeiterinnen, die sehr gut in die Teams integriert waren und ihre Arbeit mindestens so gut gemacht haben wie ihre männlichen Kollegen. Durch die ständige technische Weiterentwicklung werden körperlich schwere Tätigkeiten auch mehr und mehr verschwinden, was den Zugang zu technischen Berufen für Frauen noch einfacher macht - und das ist gut so.“
Wie beurteilen Sie den Stellenwert von MINT-Berufen bei Frauen und wie könnte man diese Berufe attraktiver für Frauen machen?
„Die MINT-Berufe sind so vielseitig und vielschichtig – da gibt es auch attraktive Möglichkeiten für Frauen. Meiner Meinung nach gibt es viele Frauen mit Talent für den MINT-Bereich. Sicher sind es genauso viele wie bei den männlichen Kollegen.
Aus irgendwelchen Gründen gibt es aber Hemmschwellen, sich technisch zu orientieren. Möglicherweise sind hier immer noch klassische Rollenbilder in der Gesellschaft verankert, die wahrscheinlich in der Kindheit angelegt und verfestigt werden und junge Menschen beeinflussen. Da sollte man eventuell ansetzen.“
Welchen Tipp würden Sie jungen Frauen geben, die ebenfalls im MINT-Bereich Karriere machen wollen?
„Erst mal würde ich sagen, dass die jungen Kolleginnen sich sicher sein sollten, dass sie in den MINT-Bereich gehen möchten. Denn es ist viel Arbeit: Die Ausbildung und das Studium sind aufwändig und meist setzt sich der Anspruch im Berufsleben fort. Sie sollten es also nur machen, wenn sie dauerhaft mit Begeisterung dabei sein können. Außerdem sind Frauen im Allgemeinen oft sehr kritisch ihren eigenen Leistungen gegenüber und schätzen sie oft geringer ein, als sie wirklich sind. Hier sollten Frauen selbstbewusster werden. Das würde es auch erleichtern, sich den Einstieg in den MINT-Bereich zuzutrauen.“
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Busch!
Innovative und hochqualitative Stahlprodukte, absolute Ausrichtung auf die Bedürfnisse unserer Kunden sowie eine ständige Weiterentwicklung gemeinsam mit unseren Partnern bilden die Säulen für unseren Erfolg - und das seit mehr als 333 Jahren.
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